Arzt beruhigt Patientin durch Halten der Hände

Über die Freude, nah am Menschen zu sein

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Wenn Sie diesen Artikel lesen, haben Sie sicher bereits häufiger darüber nachgedacht, Medizin zu studieren, um später Hausärztin oder Hausarzt zu werden. Vielleicht haben Sie auch schon herausgefunden, aus welcher Motivation heraus Sie dies tun wollen? Hier kann es ganz unterschiedliche Gründe geben! Vielleicht haben Sie ja genau die Vorstellung von Ihrer Zukunft, die sich als Hausärztin oder Hausarzt in der Allgemeinmedizin oder Kinder- und Jugendmedizin im ländlichen Raum am besten verwirklichen lässt?

Interesse an Menschen und ihren Lebenswegen

Nicht jede Ärztin, nicht jeder Arzt hat unmittelbaren Patientenkontakt. In der Labormedizin werden beispielsweise Blutproben analysiert. Wenn Sie in einem Krankenhaus tätig sind, sehen Sie die Patientinnen und Patienten eher für einen kurzen Zeitraum. Als Hausärztin oder Hausarzt hingegen begleiten Sie Ihre Patientinnen und Patienten im Idealfall über viele Jahre, kennen die familiäre, soziale und berufliche Situation. In der Kinder- und Jugendmedizin begleiten Sie die kleinen Patientinnen und Patienten von der Geburt bis zur Berufsausbildung. Sie sind also die Ärztinnen und Ärzte, die nicht nur die Erkrankungen der Patientinnen und Patienten, sondern auch deren Lebensweg kennen. Dies wirkt sich nachweislich äußerst positiv auf die Zufriedenheit sowohl der großen und kleinen Patientinnen und Patienten als auch der Ärztinnen und Ärzte selbst aus.

Das bio-psychosoziale Krankheitsverständnis

Die Medizin wird oft in erster Linie als eine Wissenschaft verstanden, die sich mit biomedizinischen Vorgängen im Körper befasst. Wir wissen aber, dass Gesundheit mehr ist als ein gesunder Körper. Krankheiten können auch vor dem Hintergrund sozialer Probleme oder der eigenen Psyche entstehen. Aus diesem Grund nehmen die hausärztlich tätigen Ärztinnen und Ärzte vor Ort eine besondere Rolle ein. Sie können die Entstehung von Krankheiten und den Erhalt von Gesundheit in einem so komplexen Modell oft am besten verstehen und frühzeitig beeinflussen. Dies wissen auch die Patientinnen und Patienten, was dieses Arzt-Patienten-Verhältnis so besonders macht.

Welche Aufgaben hat eine Hausärztin oder ein Hausarzt?

Hausärztinnen und Hausärzte sind Ansprechpersonen Nummer 1 und Allrounder! Interessant: Der Großteil aller Patientinnen und Patienten wird ambulant in den Praxen behandelt. Nur die wenigsten Fälle benötigen eine Klinikbehandlung. Hausärztin und Hausarzt übernehmen hierbei eine besondere Funktion bei der Entscheidung des weiteren Behandlungsweges.

Sie sind Generalisten: Die meisten Fälle können in der Hausarztpraxis selbst behandelt werden – dies ist befriedigend und abwechslungsreich, denn das Spektrum der Beratungsanlässe und zu behandelnden Krankheiten ist breit gefächert: Vom Beratungsgespräch, Vorsorge und Nachsorge, akuten Infektionen und chronischen Krankheiten, Hauterscheinungen, Kinderkrankheiten bis zum lebensbedrohlichen Notfall oder der psychologischen Beratung ist alles möglich. Bei der Behandlung von Kindern spielt auch der Einbezug der Eltern, bei älteren Menschen der Angehörigen eine große Rolle.
Außerdem haben Sie im Verlauf Ihrer Tätigkeit die Möglichkeit, sich medizinischen Themen zu widmen, die Sie besonders interessieren: Ernährungsmedizin, Sportmedizin, Notfallmedizin, Psychotherapie oder Palliativmedizin sind hier nur einige wenige Beispiele.

Hausärztinnen und Hausärzte haben eine Steuer- und Filterfunktion: Neben den meist selbst zu behandelnden Fällen ist es ebenso wichtig, zu erkennen, wann weitere Stellen involviert werden müssen. Dies können Kliniken, spezialisierte Fachärztinnen und -ärzte, Psychologinnen und Psychologen, Physiotherapeutinnen und -therapeuten, der Sozialdienst oder das Gesundheitsamt sein. Gute Netzwerkarbeit ist hierbei unabdingbar.

Jede Ärztin, jeder Arzt hat in diesem Beruf eine große Verantwortung zu tragen. In einer allgemeinmedizinischen oder pädiatrischen hausärztlichen Praxis findet sich zudem eine besondere Situation: Täglich stellen sich viele Patientinnen und Patienten vor. In kurzer Zeit ist anhand eines Arzt-Patienten-Gespräches und mit den vorhandenen Untersuchungsmöglichkeiten zu entscheiden, wie die nächsten Schritte aussehen. Neben der körperlichen Untersuchung per Hand oder Stethoskop gibt es auch apparative Untersuchungen, die durchgeführt werden können. In diese Aufgabe wächst man über viele Jahre hinein und es ist wichtig, das Praxisteam einzubeziehen – dann sind die Patientinnen und Patienten nachweislich am besten versorgt.

Und nun? Wie wird man eigentlich Hausärztin oder Hausarzt in der Allgemeinmedizin bzw. Kinder- und Jugendmedizin?

An das abgeschlossene Medizinstudium und den Erhalt der Approbation schließt sich die sogenannte „Weiterbildungszeit“ an: Hier wird man während der ärztlichen Tätigkeit in Kliniken oder Praxen von Fachärztinnen und -ärzten begleitet und weiter ausgebildet.

Die Weiterbildungsdauer zur Fachärztin oder zum Facharzt für Allgemeinmedizin beträgt mindestens 60 Monate. Diese setzen sich wie folgt zusammen:

  • 24 Monate ambulante Patientenversorgung in einer allgemeinmedizinischen Praxis
  • 12 Monate stationäre Patientenversorgung im Bereich Innere Medizin in einem Klinikum
  • Sechs Monate in einem weiteren Gebiet der „unmittelbaren Patientenversorgung“, beispielsweise Kinder- und Jugendmedizin (Pädiatrie), Frauenheilkunde (Gynäkologie), Chirurgie, Orthopäde, Psychiatrie, Neurologie oder Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde
  • 18 Monate nach Wahl aus den Fächern der „unmittelbaren Patientenversorgung“
  • Zusätzlich Kursweiterbildung in der „psychosomatischen Grundversorgung“.

Die Weiterbildungsdauer zur Fachärztin oder zum Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin beträgt ebenfalls mindestens 60 Monate unter Befugnis an entsprechenden Weiterbildungsstätten. Hiervon müssen sechs Monate intensivmedizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen abgeleistet werden. 12 Monate ärztliche Tätigkeit können in anderen Gebieten zum Kompetenzerwerb absolviert werden.

Innerhalb der Weiterbildung wird eine Tätigkeit von mindestens 50 Prozent in Teilzeit anerkannt, die Gesamtdauer der Weiterbildungszeit verlängert sich entsprechend. Nach der abgeleisteten Weiterbildungszeit kann man sich zur Facharztprüfung anmelden und nach deren Bestehen als Hausärztin oder Hausarzt im Angestelltenverhältnis arbeiten, sich mit einer eigenen Praxis oder praxisteilhabend niederlassen.

Auf dem „Land“ tut sich was!

Die Situation in ländlich geprägten Gebieten ist eine ganz besondere. Fachärztliche Praxen oder Kliniken sind meist weiter entfernt, sodass die hausärztliche Praxis fast immer der erste Anlaufpunkt ist – und dies über Jahre und sogar Generationen hinweg. Die Patientinnen und Patienten haben deshalb eine besonders enge Bindung an ihre Hausarztpraxis. Dies bietet meist ein deutlich vielfältigeres Behandlungsspektrum – das Bild der Krankheiten ist „bunter“, abwechslungsreicher und spannender!

Durch die Aufhebung der Residenzpflicht können Sie dazu noch selbst entscheiden, ob Sie großstadtnah mit guter Infrastruktur leben und auf dem Land arbeiten möchten – oder ob Sie das Wohnen im Grünen sowie die Nähe zu Praxis und Patienten bevorzugen. Moderne Praxismodelle ermöglichen schon jetzt an vielen Orten die Arbeit im Angestelltenverhältnis, in Teilzeit oder partnerschaftlich in einer Gemeinschaftspraxis. Zudem sind auf dem Land und in Kleinstädten – entgegen der vorherrschenden Meinung – viele Wege deutlich kürzer als in der Großstadt. Ob Kindergarten, Grundschule, Lebensmittelläden oder Freizeitmöglichkeiten: Vieles liegt nah, direkt vor der Haustür und überall entstehen neue Modelle zum gemeinsamen Wohnen und Arbeiten auf dem Land.

Finden Sie sich in diesem Berufsprofil wieder?

Wünschen Sie sich eine Tätigkeit, bei der es wichtig ist, sich auf unterschiedlichste Menschen verschiedener Altersklassen und ihre Situationen einzulassen? Haben Sie Interesse an der Geschichte Ihrer Patientinnen und Patienten und daran, diese langfristig in Ihrer Praxis zu begleiten? Wünschen Sie sich eine Praxis im Grünen mit einem sehr breiten Behandlungsspektrum? Sind Sie der Überzeugung, dass Gesundheit ein Zustand ist, der auf vielen Ebenen des menschlichen Lebens beeinflusst wird? Sind Sie bereit, Verantwortung mit und für Ihr Praxisteam, für sich selbst und für Ihre Patientinnen oder Patienten zu übernehmen?

Dann ist eine berufliche Zukunft in der hausärztlichen Versorgung als Allgemeinmedizinerin, Allgemeinmediziner oder Kinder- und Jugendmedizinerin und -mediziner im ländlichen Raum für Sie genau der richtige Weg!

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